Im ersten Kapitel habe ich versucht, mich selbst zu verstehen. Der Weg durch mein Leben schien ein wildes Absurdistan – eine Welt voller Widersprüche und Brüche, die ich mit meinen Leitmotiven zu ordnen versuchte. Am Ende des Kapitels zeigte eine Balkengrafik meine Prioritäten: Familie und Freunde stehen für mich über allem, gefolgt von dem Drang, Dinge zu entwickeln, Ziele zu erreichen und Langeweile zu vermeiden. Diese „Statistik meines Lebens“ öffnet den Blick zum nächsten Schritt: Es geht nicht mehr nur um äußere Ziele, sondern um die Strukturen meines Denkens – um die Art und Weise, wie Aufmerksamkeit, Hyperaktivität, Sensibilität und Intelligenz in mir zusammenspielen. Genau diesen Zusammenhang möchte ich im Folgenden beschreiben.
Frühe Höchstbegabung und Neurodiversität
Viele Menschen stellen sich hochbegabte Kinder als kleine Wunderwesen vor, die alles sofort verstehen und überall glänzen. In meinem Fall war es tatsächlich so: Ich übersprang die zweite Klasse und gehörte in allen Fächern zu den Besten. In Testungen für Hochbegabte zählte ich selbst unter Höchstbegabten zu den überdurchschnittlichen in den Feldern Kreativität, Konzentration, Gedächtnis und Zahlenreihen. Mit Mathematik und Altgriechisch als Leistungskurse schrieb ich Einsen, und beim Abitur erhielt ich Auszeichnungen in Latein, Griechisch, Chemie und Deutsch.
Über diese Fakten zu sprechen, fällt mir schwer, weil hohe Intelligenz häufig Ablehnung, Neid oder Missgunst provoziert. Mir ist wichtig zu betonen, dass IQ nichts über den Wert eines Menschen aussagt. Meine Neurodiversität besteht aus zwei Teilen: Höchstbegabung und ADHS. Ich verarbeite Reize schneller, vernetzter, impulsiver und intensiver. Diese Mischung beeinflusst meine Wahrnehmung, Strukturierung der Welt und meine Bedürfnisse. Ich benötige enormes intellektuelles Input, um innerlich ruhig zu werden ; fehlt es, entsteht innerer Stress – als würde mein Kopf gleichzeitig auf mehreren Frequenzen funken.
Logische Stimmigkeit ist für mich zentral. Sobald etwas nicht zusammenpasst, muss ich es klären, selbst wenn andere das als Erbsenzählerei empfinden. Traditionen ohne Sinn hinterfrage ich nicht, um zu provozieren, sondern weil mein Denken nach Mustern sucht. Gleichzeitig bin ich hypersensibel: Geräusche sind lauter, Farben intensiver, Emotionen tiefer, und ADHS potenziert diese Reizoffenheit. Reizüberflutung ist für mich keine theoretische Gefahr, sondern eine tägliche Herausforderung.
Diese Eigenschaften führen zu einem Denken wie ein Feuerwerk. Ein Funke reicht, und ich sehe Zusammenhänge, die anderen verborgen bleiben. Mathematikaufgaben oder komplexe Fragestellungen springen mich förmlich an – das Ergebnis liegt schon in meinem Kopf, bevor ich den Rechenweg bewusst durchgegangen bin. ADHS verstärkt diese spontanen Geistesblitze noch: Sie lassen sich nicht planen oder zähmen, sondern überfallen mich mitten im Alltag. Oft erscheinen Ideen als fertige Bilder vor meinem inneren Auge – grafische Strukturen, Konzepte, Benutzeroberflächen. Es ist, als hätte mein Gehirn im Hintergrund unablässig gerechnet und mir dann das Ergebnis auf den Tisch geknallt. Solche Einfälle sind Geschenk und Überfall zugleich.
Dieses netzwerkartige Denken ist faszinierend und anstrengend zugleich: Ein Gedanke zieht den nächsten nach sich, jede Idee öffnet Türen zu weiteren Perspektiven. Mit ADHS ist das nicht nur inspirierend, sondern auch zermürbend, weil der Geist kaum zur Ruhe kommt und ich mich in Details verliere, die anderen gar nicht auffallen. Eine kleine logische Lücke löst in mir ein starkes Störgefühl aus. Mein Drang zum Perfektionismus lähmt mich manchmal mehr, als dass er mich voranbringt.
Besonders intensiv ist es, wenn ein neues Konzept nicht nur als Gedanke, sondern als ganzes Bild aufblitzt – mit Farben und Formen. Diese Bilder erscheinen oft in scheinbar belanglosen Situationen: beim Spazierengehen, beim Spielen mit meinen Kindern oder nachts, wenn mein ADHS mein Gehirn in Dauerbetrieb hält. Bevor ein solches Bild auftaucht, wirbeln im Kopf unzählige Fragmente durcheinander – ein ebenso erschöpfendes wie beglückendes Chaos.
Meine Hochintelligenz beschränkt sich nicht auf den Kopf, sondern durchzieht meinen ganzen Organismus. Ich reagiere stärker auf Stress, Allergien und andere Einflüsse; mein Körper steht oft in einer Art Daueranspannung, als wäre er ständig auf Empfang. Selbst erzwungene Pausen sind für mich nicht erholsam, wenn ich geistig nicht gefordert werde. Auch deshalb zieht es mich zu qualitativ hochwertigen, reizarmen Dingen – „Simple tastes“ bedeutet für mich, wenige, exzellente Werkzeuge, klare Texte und saubere Modelle zu wählen. Qualität beruhigt mein Nervensystem; Mittelmaß erzeugt Rauschen.
Individualität statt Stereotype
Obwohl ich mich hier offen beschreibe, möchte ich betonen, dass Hoch- und Höchstbegabte sehr unterschiedliche Muster haben. Nicht alle verarbeiten Reize wie ich; manche erleben ihre Begabung analytisch, andere künstlerisch, körperlich oder sozial. Mein ADHS verstärkt meine Individualität, weil es mich zwingt, eigene Wege zu finden, mit der Reizvielfalt umzugehen. Was für den einen bereichernd ist, kann für den anderen lähmend sein. Deshalb ist es mir wichtig, dass jeder sein persönliches Profil entwickeln darf, ohne in Normvorstellungen gepresst zu werden. Diese Individualität ist Fluch und Segen zugleich: Sie macht es schwer, sich einzuordnen, schenkt aber auch die Freiheit, eigene Wege zu finden.
Familie und Werte
Die Vielfalt in meiner eigenen Familie macht die Unterschiede greifbar: Eines meiner Kinder ist hochbegabt, das andere durchschnittlich. Beide gehen sehr unterschiedlich an die Welt heran, und durch mein eigenes ADHS bin ich zusätzlich gefordert, die Balance zu halten. Mir ist dabei wichtig, dass wir als Familie Werte leben: Jeder ist anders, jeder hat seine Stärken, keiner ist mehr oder weniger wert. Diese Haltung hilft uns, Unterschiede nicht als Konkurrenz zu sehen, sondern als Bereicherung , obwohl es im Alltag nicht immer leicht ist.
Ich weiß, dass es Familien gibt, in denen solche Unterschiede zu Brüchen führen. Wenn ein Kind als „zu schnell“ oder „zu anstrengend“ wahrgenommen wird – sei es wegen hoher Intelligenz oder ADHS – entstehen Spannungen. Geschwister fühlen sich übergangen, Eltern überfordert. In meinem Umfeld war es immer ein Balanceakt, diese Unterschiede nicht zu verschweigen, sondern offen zu thematisieren, damit Neid, Missverständnisse oder Verletzungen die Beziehungen nicht zersetzen. Nur so können wir verhindern, dass das Anderssein Mauern errichtet. Ich gehe diesen Weg aus Liebe – auch wenn es anstrengend ist.
Die Herausforderung sozialer Interaktion
Mein netzwerkartiges Denken stellt für andere oft eine Herausforderung dar. Ich merke, wie mein Redetempo höher ist, als es meinem Gegenüber angenehm ist. Ich neige dazu, in kürzester Zeit viele Informationen und Zusammenhänge herauszuschießen – für mich ergibt das Sinn, für andere wirkt es chaotisch und überfordernd. Eine kleine logische Lücke erzeugt bei mir sofortigen Druck, sie aufzulösen, was mich impulsiv handeln lässt. Diese Impulsivität ist einer der Gründe, weshalb Gespräche mit mir manchmal wie Gedankensprünge wirken.
Ich weiß, dass meine Art zu denken für andere bedrohlich wirken kann: Wenn ich auf einen logischen Bruch hinweise oder Gewohnheiten infrage stelle, fühlen sich Menschen in ihrer Sicherheit erschüttert. Oft passiert das impulsiv, weil ich es innerlich nicht aushalten kann, Ungereimtheiten stehenzulassen. In Beziehungen hat das zu Konflikten und Missverständnissen geführt; manche Menschen sind auf Distanz gegangen. Es ist verletzend, wenn andere meine Stärken nicht als Ressource sehen, sondern als Bedrohung, und heimlich froh sind, wenn mir etwas misslingt. Neid ist ein menschliches Gefühl, fast ein evolutionäres Schutzprogramm. Mit meiner hypersensiblen Wahrnehmung spüre ich solche Schwingungen sofort. Dabei geht es mir gar nicht darum, über jemandem zu stehen – mein Antrieb ist Neugier und der Wunsch nach Sinn, nicht Überlegenheit.
Diese Erfahrungen führen zu einem ständigen Austarieren zwischen Authentizität und Anpassung. Entweder ich passe mich an, sage weniger und filtere die Komplexität meiner Gedanken – dann bin ich sozial integriert, aber innerlich unterfordert. Oder ich zeige mich, wie ich bin: direkt, kritisch, manchmal unbequem – und riskiere, dass Menschen sich abwenden. Ich muss stets abwägen, ob ein Hinweis hilfreich ist oder als Angriff empfunden wird. Dieses tägliche Ringen ist eines meiner größten inneren Kämpfe.
Gesellschaftliche Tabus und der Umgang mit Intelligenz
In Deutschland gehen wir besonders vorsichtig mit dem Thema Intelligenz um. Menschen schämen sich, wenn es um hohe kognitive Fähigkeiten geht, und der Begriff „Elite“ wird sofort negativ konnotiert. Das hat historische Gründe: Im Nationalsozialismus wurden Intelligenz und Begabung missbraucht, um Menschen auszugrenzen und zu vernichten. Aus Angst vor Überheblichkeit wird das Thema oft tabuisiert, statt differenziert darüber zu sprechen. Für jemanden wie mich, der Ungereimtheiten sofort bemerkt und schwer stehenlassen kann, ist diese Spannung schwer auszuhalten. Ich wünsche mir, dass wir offen über Unterschiede reden können, ohne gleich ein Werturteil zu fällen.
Ich bin überzeugt, dass die Gesellschaft profitieren würde, wenn Menschen wie ich nicht ständig gebremst würden. Meine Hyperintelligenz erlaubt es mir, schnell neue Lösungen zu sehen, während mein ADHS mich neugierig und unkonventionell denken lässt. Doch häufig wird das als „zu schnell, zu kritisch, zu viel“ wahrgenommen. Besonders verletzend ist es, wenn andere sich über meine Fehler freuen oder meine Erfolge kleinreden. Dabei wäre es aus meiner Sicht ein Gewinn, wenn wir diese Fähigkeiten als Chance nutzen könnten.
Berufliche Wege und Rastlosigkeit
Viele Höchstbegabte sind beruflich selbstständig. Auch ich merkte früh, dass mich ein einziger Beruf auf Dauer unterfordern würde. Meine Hyperintelligenz sucht ständig nach neuen Herausforderungen, und mein ADHS sorgt dafür, dass ich Abwechslung brauche. So habe ich verschiedene Tätigkeiten parallel entwickelt, Projekte gestartet, Unternehmen mit aufgebaut und immer wieder neue Ideen verfolgt. Für manche wirkt das wie rastloser Ehrgeiz, doch in Wahrheit ist es eher ein inneres Bedürfnis, ständig weiterzuwachsen und meine Energie in etwas zu lenken, das mich wirklich fordert. In intellektuell geprägten Umfeldern kann ich aufblühen – dort, wo Kreativität, analytisches Denken und das ständige Infragestellen nicht als Störung, sondern als Bereicherung gelten.
In klassischen Unternehmen spüre ich dagegen schnell, wie schwierig es ist, meinen Platz zu finden. Mein Denken ist unkonventionell, meine Ideen überschreiten gewohnte Bahnen, und mit ADHS neige ich dazu, sie ohne lange Vorwarnung einzubringen. Für mich ist das selbstverständlich, für andere anstrengend oder bedrohlich. Ich muss stets fragen: Ist mein Einwand hilfreich oder wirkt er wie ein Angriff? Diese Gratwanderung macht mir bewusst, dass meine Art zu denken wertvoll sein kann, aber Fingerspitzengefühl erfordert, wenn ich in einem Team bestehen will.
Nicht jeder Höchstbegabte ist zur Führungskraft berufen. Ich selbst habe lange nicht angestrebt, andere zu führen. Führung bedeutet, weniger inhaltlich zu arbeiten und Verantwortung für andere Menschen zu übernehmen. Meine Hyperintelligenz zieht mich zur inhaltlichen Tiefe, zum Analysieren und Gestalten. Mit ADHS fällt es mir schwer, mich langfristig auf Managementaufgaben zu konzentrieren: Mein Kopf springt zu schnell, Entscheidungen fallen mir schwer, weil ich ständig neue Möglichkeiten sehe. Gleichzeitig weiß ich, dass Führung die Chance bietet, Visionen umzusetzen, aber auch viel Verantwortung für andere bedeutet – eine Herausforderung, die für jemanden wie mich besonders groß ist.
Berufliches Scheitern ist unter Höchstbegabten nicht selten. Manche schaffen es in Spitzenpositionen oder bauen erfolgreiche Unternehmen auf, während andere an der Reizüberflutung oder inneren Getriebenheit zerbrechen. Ich kenne beide Seiten: Phasen, in denen mein ADHS mich so überaktiviert, dass ich kaum schlafe und das Tempo zur Qual wird – ein inneres Brennen, das sich wie eine Hölle im Kopf anfühlt. Dann brauche ich den Rückzug, um wieder zu mir zu kommen: zu lesen, zu denken, kreativ zu sein. Dieses Hin und Her zwischen Überfliegen und Rückzug gehört zu meinem Leben. Für Außenstehende wirkt es wie rastloses Leistungsstreben, doch für mich ist es eine Art, zur Ruhe zu kommen. Mein Kopf produziert unentwegt Ideen; erst wenn ich sie in konkrete Formen gieße, entspannt sich etwas. ADHS sorgt dafür, dass dieser Fluss nie versiegt. Deshalb habe ich ein Portfolio aufgebaut, das viele Facetten vereint – Monotonie nimmt mir den Atem.
Coping-Strategien und Lernfelder
Um die Diskrepanz zwischen Unterforderung und Überforderung auszugleichen, habe ich mir eigene Strategien geschaffen. Wenn ich zum Beispiel Englisch lernte – neben Deutsch, Latein und Altgriechisch die einzige Sprache, die mich interessierte – übersetzte ich im Kopf simultan alles, was ich hörte. So erhöhte ich die Komplexität, blieb beim Thema und verhinderte, dass meine Gedanken abschweifen. Vorträge oder Chat‑Audios höre ich oft in doppelter Geschwindigkeit; mein Gehirn ist dann angenehm ausgelastet, und mein ADHS gibt mir das Gefühl, im Flow zu sein. In meiner Freizeit suche ich bewusst Tätigkeiten, die mich geistig reizen: Programmieren, Fachliteratur, der Austausch mit anderen „Nerds“ und inzwischen natürlich KI‑Entwicklung. Es ist eine Art Selbstversorgung – ein Ventil, um die permanente innere Unruhe in konstruktive Bahnen zu lenken.
Wichtig ist mir die Möglichkeit zu lernen, nicht einfach nur mehr Stoff zu bekommen. Ich brauche Herausforderungen, die komplex und knapp über meinem aktuellen Niveau liegen. Wenn Aufgaben zu einfach sind, empfinde ich nicht nur Langeweile, sondern regelrechten Stress, manchmal sogar körperliche Symptome. Durch mein ADHS spüre ich diesen Druck noch intensiver: Meine Energie läuft ins Leere und richtet sich gegen mich selbst. Viel wichtiger als bloße Quantität ist, eigene Strategien zu entwickeln, wie ich mit Überforderung umgehe. Genau diese Fähigkeiten – Frustrationstoleranz, Fehler auszuhalten, Impulse zu parken – hätte ich mir in Schule und Studium als Unterrichtsinhalt gewünscht.
Rastlose Schaffenskraft und Rückzug
Mein rastloses Schaffen hat auch Schattenseiten. Ich liege oft nachts wach, weil mein Gehirn ein neues Thema durchkaut, bis in die kleinsten Verästelungen. Bücher, Notizen und lose Blätter stapeln sich, wenn mein ADHS und meine Hyperintelligenz wieder eine neue Forschungsreise starten. Ich bin dann wie ferngesteuert; Ideen sprudeln ohne Pause, und erst wenn das innere Puzzle rund ist, lässt der Druck nach. Es ist ein ständiges Austarieren zwischen beglückender Anregung und der Erschöpfung, die unweigerlich folgt, wenn ich mich dem Strom nicht entziehen kann.
Dabei wäre es für die Gesellschaft ein Gewinn, wenn wir nicht ständig auf die Bremse treten müssten. Viel Potenzial bleibt ungenutzt, weil Menschen wie ich sich anpassen, tarnen oder sogar absichtlich Fehler machen, nur um nicht als „zu klug“ oder „zu anders“ wahrgenommen zu werden. Ich erinnere mich an Phasen, in denen ich meine Fähigkeiten kleinredete, um nicht anzuecken. Dieses Verhalten verstärkte meine Unsicherheit und Selbstzweifel – Fragen wie „Mögen sie mich oder nur die Rolle, die ich spiele?“ lassen sich schwer beantworten. Dieses Schwanken zwischen Anpassung und dem Drang, mich unverstellt zu zeigen, gehört zu meinem Alltag.
Ich habe meinen Weg gefunden, indem ich mir ein breites Feld suchte – Statistik. Dort kann ich in die Tiefe gehen und gleichzeitig immer wieder neue Bereiche erkunden. Ich habe akademisch gearbeitet, Organisationen beraten, Bücher geschrieben, Seminare entwickelt, Projekte ins Leben gerufen und Unternehmen gegründet. Für andere sieht das vielleicht wie ununterbrochenes Leistungsstreben aus; für mich ist es eine Art, mit der permanenten Aktivität meines Gehirns umzugehen. Mein ADHS liefert ständig neue Anstöße, meine Hyperintelligenz fortlaufend Ideen – und ich lenke sie in unterschiedliche Bahnen. Diese Mischung hält mich lebendig und schafft eine Form von Ruhe, weil der innere Strom nicht ins Leere läuft, sondern Gestalt annimmt.
Ausblick – Balance in Absurdistan
Meine neurodiverse Mischung aus Höchstbegabung und ADHS ist zugleich Motor und Bremse. Sie lässt mich in Sekundenbruchteilen Muster erkennen, unerwartete Lösungen finden und komplexe Modelle intuitiv erfassen; sie macht mich aber auch empfindlich, impulsiv und anfällig für Reizüberflutung. Sie sorgt für Höhenflüge und Abstürze, für Phasen unbändiger Kreativität und Zeiten quälender Rastlosigkeit. Sie zwingt mich, ständig auszutarieren: zwischen Authentizität und Anpassung, zwischen Anregung und Überforderung, zwischen Führung und vertieftem Arbeiten.
Die Reise durch dieses Kapitel war der Versuch, mein inneres Absurdistan zu kartieren – nicht um zu jammern, sondern um zu zeigen, wie bereichernd und herausfordernd neurodiverse Begabungen sind. Ich wünsche mir eine Gesellschaft, die diese Vielfalt nicht fürchtet, sondern als Chance begreift – eine Gesellschaft, in der Menschen wie ich sich nicht ständig klein machen, verstecken oder ihre Fähigkeiten tarnen müssen. Denn das wilde Absurdistan ist nicht nur mein persönlicher Zustand; es ist ein Bild für die Welt, in der wir alle leben: voller Widersprüche, voller Potenziale, voller Möglichkeiten. Wenn wir lernen, damit zu spielen und zu gestalten, statt uns davor zu fürchten, dann kann aus dem chaotischen Feuerwerk in unseren Köpfen ein Licht werden, das auch andere ansteckt.